
Was sind das eigentlich "Restorative Circles"?
Ein Kreisgespräch ist ein Prozess, der Gemeinschaften und Gruppen dabei unterstützt
konstruktiv mit Konflikten umzugehen und aus ihnen zu lernen. Das Konzept der Restorative Circles wurde von Dominic Barter in Brasilien entwickelt. Seit 1994 zeigt es neue Wege zu Eigenverantwortung und Heilung auf. Es ist ein Dialog mit allen Konfliktbeteiligten auf der Basis von Gewaltfreier Kommunikation. Diese Ausrichtung ist ein wichtiger Bestandteil meines Restorative Justice Konzeptes "Betroffenenorientierte Arbeit im Strafvollzug (BoAS)" und so war ich sehr froh, dass Heidrun Fiedler als direkte Schülerin von Dominic Barter eine Fortbildung zu diesem Thema in ihrer Akademie anbot. Wir waren eine kleine Gruppe und wurden von Heidrun liebevoll und anschaulich durch das Wochenende geführt. Die Mischung aus Theorie und Praxis war perfekt und ich habe viele Seiten mit Inhalten beschrieben, die ich für mein persönliches Wachstum und für meine Arbeit bewahren möchte.

In der Urzeit menschlicher Gemeinschaften, lange bevor Gebäude und Strukturen aus Stein aufkamen, trafen sich Menschen regelmäßig im Kreis um ein Feuer. Dieser Kreis ermöglichte freien Austausch, gemeinsames Planen und das Teilen von Geschichten, ohne eine festgelegte Rangordnung. Dabei symbolisierte das Feuer die Mitte, auf die sich alle ausrichteten, und wer sprach, wandte sich an die Gemeinschaft insgesamt. Dabei kam oft ein Sprechstab zum Einsatz, der es dem jeweils Sprechenden ermöglichte, ungestört gehört zu werden, während die anderen aufmerksam lauschten. Dieser Rhythmus brachte Ruhe und förderte ein tiefes, reflektierendes Gespräch, das oberflächliche Wortwechsel minimierte. Wenn man die moderne Anordnung von rechteckigen Tischen oder Kachel-Ansichten in Videokonferenzen historisch betrachtet, wären diese Entwicklungen nur ein winziger Ausschnitt im Vergleich zur langen Tradition des Kreises.
Ich arbeite so oft wie möglich im Kreis. Auch im Gefängnis, wenn ich die Restorative Justice Kreisdialoge von Gefangenen, Opfern von Straftaten und Menschen aus der Gesellschaft begleite. Meine Erfahrungen sind durchweg positiv und die Rückmeldungen der Teilnehmenden auch. Ich glaube, dass auf diese Weise eine Verbindung zu einem kollektiven Gedächtnis entsteht, in dem alle gleichberechtigt gehört werden. Auch wenn das zentrale Feuer heute oft durch eine symbolische Mitte wie Blumen oder Dekoration ersetzt wird, gibt es der Aufmerksamkeit und dem Gespräch eine gemeinsame Richtung und schafft Raum für gemeinsame Erkenntnisse und kreative Ideen.
Kreisgespräche sind mehr als "nur" miteinander im Kreis ins Gespräch zu kommen. Sie werden von mindestens zwei Facilitatoren begleitet, es steht ein Konflikt/Thema im Mittelpunkt, das betrachtet/bearbeitet werden kann. Die Facilitators stellen immer zwei zentrale Fragen: "Ist es das, was du hören willst? Und von wem?" und "Wie hast du das Gesagte verstanden?". So ermöglichen sie es den Menschen wahrhaftig und authentisch miteinander ins Gespräch zu kommen. Es war ein bereicherndes und für mich bewegendes Training, in dem kreativ gearbeitet wurde und ich auch einige Ideen sammeln konnte, wie Restorative Praktiken noch mehr Einzug in den Strafvollzug halten können.
Besonders bereichert fühle ich mich auch durch den intensiven Austausch mit Rehzi Malzahn, die ein fantastisches Buch "Restorative Justice" geschrieben hat und eine kluge und innovativ denkende strafabolitionistische Aktivistin ist. Rehzi Malzahn | Widersprüche in eine Verlaufsform bringen.
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